Freidenker:innenPressemitteilungVeranstaltung

Lieder gegen den Krieg – Festakt zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus

Mit einem würdigen Festakt gedachten gestern über rund 150 Ulmerinnen und Ulmer dem Tag der Befreiung vom Faschismus. Im Stadthaus Ulm fand aus Anlass des 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus eine Veranstaltung der Freidenkerinnen & Freidenker Ulm/Neu-Ulm, des Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg (DZOK), der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) Ulm und der NaturFreunde statt.

Der Ulmer Oberbürgermeister Martin Ansbacher (SPD) und Dr. Nicola Wenge, die wissenschaftliche Leitung des DZOK hielten zwei Reden, die neben dem Erinnern und Gedenken gerade jetzt den Blick in die Zukunft richteten und Hier und Heute ein Einstehen für Demokratie und Frieden als Lehre aus der NS Diktatur forderten. Moderiert wurde der Festakt von Claudia Feuchter, der stellvertretenden Vorsitzenden der Freidenkerinnen & Freidenker Ulm/Neu-Ulm.

In einer klaren und teilweise emotionalen, die gegen derzeitig geschichtsverleugnenden Tendenzen zurückweisenden Rede, zeigte Martin Ansbacher die Entwicklung der Situation in Ulm während und nach der Zeit des Faschismus auf. So erinnerte er unter anderem an den Ulmer Einsatzgruppenprozess von 1958. Dies war der erste Prozess wegen NS-Verbrechen im besetzten Osteuropa, der vor einem deutschen Gericht verhandelt wurde.
Martin Ansbacher machte auch deutlich, dass die Ulmerinnen und Ulmer sich klar gegen rechtsextreme Tendenzen stellen und drückte seien Stolz darauf auf, dass Bürgerinnen und Bürger sich gegen Faschismus, Fremdenhass und Ausgrenzung engagieren. Beispielhaft nannte er die zehntausenden Demonstrantinnen und Demonstranten, die im Februar dieses Jahres, aber auch vor einem Jahr gegen Rechtsextremismus auf dem Ulmer Münsterplatz demonstrierten.
Ebenfalls erinnerte der Oberbürgermeister an die Aufbauleistung der Ulmerinnen und Ulmer nach dem Zusammenbruch der NS Diktatur, die eine zerstörte Stadt wiederaufbauten und eine demokratische Nachkriegsbürgergesellschaften etablierten. Hierbei hob er das in Ulm starke und wichtige zivilgesellschaftliche Engagement hervor.

Nicola Wenge lenkte den Blick auf den Umgang mit dem 08. Mai und dessen Bedeutung für die verschiedenen Menschen auch in Ulm. Sie ging darauf ein, wer befreit wurde, wer sich befreit fühlte und lenkte auch den Blick auf die Realität, dass viele den Tag als Niederlage und Zusammenbruch ihrer Weltordnung und ihrer Ideologie empfanden. Dabei ließ sie in ihrer engagierten Rede die Betroffenen selbst zu Wortkommen. Politisch und religiös Verfolgte und Zwangsarbeiterinnen. Sie erinnerte an den 8. Mai vor 40 Jahren, an dem Bundespräsident Richard von Weizsäcker in einer Gedenkstunde vor dem Deutschen Bundestag in Bonn seine historische Rede hielt und einen Paradigmenwechsel bei der Betrachtung der 8. Mai herbeiführte. Erst seit diesem Tag änderte sich der Blick auf den 8. Mai in der breiten Öffentlichkeit von der Niederlage auf den Tag der Befreiung, der in allen anderen europäischen Ländern schon immer als Befreiung gefeiert wird. Auch Nicola Wenge forderte auf, nicht nur zu erinnern, sondern auch Konsequenzen im heutigen Handeln zu ziehen. Hier zitierte sie Esther Bejarano, zu deren Ehren am gestrigen Tag in Neu-Ulm ein Platz benannt wurde, unter anderem mit der Forderung: Der 8. Mai muss ein Feiertag werden.

Nach den Reden spielte das Turiner Trio „La Desbandá“ Lieder des Widerstands gegen das Franco-Regimes, die Nazidiktatur sowie antifaschistische und Antikriegslieder. Das begeisterte Publikum sang die bekannteren Lieder mit und beging neben allem Nachdenklichen und dem Erinnern einen fröhlichen Tag der Befreiung vom Faschismus.

Im Anschluss an die Veranstaltung hatten die Besucherinnen und Besucher noch die Möglichkeit, sich über die ausrichtenden Organisationen zu informieren.

Fotos: Konrad Sedding / Johannes Glembek, Videos: Konrad Sedding